Restaurantkritik: Flatschers

oder: ziemlich schlechter Burger.

Vor ein paar Tagen war es so weit: nach viel zu langer Zeit gab es ein Wiedersehen unter Freunden, ein Steak Restaurant wurde als Zieldestination auserkoren, die Frage war nun welches. Wien hat hier eine für europäische Hauptstadt-Verhältnisse überschaubare Auswahl zu bieten (Tipps bitte unten in die Kommentare!). Nachdem ich den ersten Vorschlag, das „El Gaucho“ (=klassische Systemgastronomie macht auf Edel) im 3. Wiener Bezirk erfolgreich abmoderieren konnte, stand ich in der Pflicht einen Gegenvorschlag zu bringen. Perfektes Timing, hatte ich doch gerade erst gelesen, dass das Wiener Steakrestaurant „Flatschers“ von seinem Gründer wieder zurück übernommen worden war. Dieser hatte vor einigen Jahren mit der Eröffnung für Furore gesorgt, war doch seine Kombination aus extrem freundlichem, motiviertem und kompetentem Personal (ja, damit bildet man in Wien eine echte Ausnahme!) zusammen mit einer großartigen Auswahl an Cuts vom Rind und frisch gezapftem Augustiner Edelstoff vom Fass einmalig. Der Lavasteingrill war ein Bonusfeature, dass der Dining Experience den Hut aufsetzte. Kann aber auch sein, dass ich einfach nur jünger und leichter zu beeindrucken war, man hatte ja noch nicht so viel gegessen.

Da war ich also nun wieder, im Flatschers, und hatte keine Lust auf Steak. Ich bin nämlich ein kulinarischer Snob, der sich noch dazu einbildet, so nachhaltig wie möglich essen zu müssen. Tu ich aber viel zu selten, wenn ich ehrlich bin. Trotzdem finde ich es traurig, wenn auf der Karte mehr als 50% der Steaks aus Übersee sind: bei Meeresfrüchten ist das der Alternativlosigkeit geschuldet, aber bei Fleisch? Wir haben in Österreich mit X.O. Beef und vielen anderen Herstellern und Bauern eine tolle Auswahl an qualitativ hochwertigen und dem Tierschutz verbundenen Quellen, da finde ich persönlich es schade, wenn man in die Ferne schweift. Wegen dem CO2 und so.

Ein Burger sollte es also werden, „was kann in einem Steaktempel da schon schief gehen“ dache ich mir. Es wurde ein Cheeseburger (rund 19 EUR) mit extra Käse (extra 2,5 EUR) und Speck (extra 2,5 EUR). In der Karte stand zwar der Hinweis, dass die Burger „medium bis well-done“ kredenzt werden, trotzdem unternahm ich bei der Kellnerin charmant den Versuch Einfluss auf die Küche zu nehmen und bei medium-Rrare zu landen. Das Bier (Augustiner Helles vom Fass – Gruß an die KollegInnen in München!) war großartig, die Gesellschaft auch – what could possibily go wrong?

Wenig später wurden unsere Gerichte serviert, appetitlich arrangiert, mein Burger mit Buns von Joseph Brot (einem der besten Edelbäcker Österreichs) und rustikalen Pommes Frittes mit Schale dran. Leider waren sie nur lauwarm, umso größer die Vorfreude auf den Burger, dem leider kein Ketchup, sondern eine Cocktailsauce beigelegt war. Also Ketchup rasch dazu bestellt und das Messer eintauchen lassen. Ich habe schon zu viele Burger in meinem Leben angeschnitten und wußte daher nach wenigen Millimetern, dass es wohl zu einem coitus interruptus kommen würde: der Widerstand war einfach zu hoch.

An dieser Stelle ein kleiner Exkurs in meine Burgerwelt, in der es im Grunde zwei unterschiedliche Klassifikationen gibt: einerseits den „Smashed Burger“, der es leider viel zu selten in unsere Breitengrade geschafft hat und sich durch extrem knuspriges Fleisch auszeichnet, dass hauchdünn und in mehreren Lagen (idealerweise mit viel Käse dazwischen) gebraten und geschichtet serviert wird. Andererseits die regulären Burger, die sich im besten Fall durch die Flamme geküsst und ein locker flockiges Stück Faschiertem / Hackfleisch auszeichnen. In der Zubereitung von letzterem sollte man dem Fleisch die Sanftheit eines Vorspiels angedeihen lassen: je zarter berührt und massiert wird, desto besser. Weniger ist hier mehr. Wer das rohe Fleisch der regulären Burger vorab salzt und intensiv massiert um es danach vielleicht – Gott sei bei uns! – in die Tiefkühltruhe zu legen, der wird mit gummiartiger, sehr dichter Textur bestraft, wie wir sie bei Cavapcici vielleicht lieben (und dafür extra Soda beifügen), wie sie jedoch bei einem frischen, saftigen Burger nichts zu suchen hat.

So kann ein Smashed Burger aussehen, wenn man mal 20 Minuten Zeit übrig hat

Im Flatschers bzw. bei dem von mir bestellten Burger handelte es sich um die Cevapcici Variante und ich würde eventuell sogar auf die Barbarei einer Tiefkühltrühe tippen. Jetzt kann man natürlich diese Art von Burger vollkommen unnachvollziehbarer Weise mögen (immmerhin gibt es ja auch Menschen die glauben Ananas auf eine Pizza geben zu können). Für so ein Produkt aber einen solchen Preis aufzurufen halte ich selbst in Zeiten von Energiekrise und Hyperinflation für nicht angemessen. Flatschers eröffnet demnächst einen eigenen Burgerladen und man kann nur hoffen, dass hier mehr Liebe ihren Weg in die dort angebotenen Produkte findet. Und das der Preis dann vielleicht auch zur Leistung paßt, denn bitte nicht falsch verstehen: ein wirklich gutes Produkt bzw. Erlebnis in der Gastronomie kostet natürlich etwas und ich bin auch gerne bereit diesen Preis zu zahlen. Aber es sollte in nachvollziehbarem Verhältnis zur Leistung stehen. Bis auf weiteres bleibe ich bei meinem Rezept für richtig schlechte Burger, welches ich hier vorziehe. Und denke mir an dieser Stelle, dass es Zeit für ein richtig gutes Burgerrezept auf diesem Kanal wäre?

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WIENER GRIECHE

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